Birnentorte bei den Ribbecks im Havelland

Brandenburg ohne Fontane geht bei mir irgendwie nicht. Ein wichtiger Ort auf meiner Fontaneexkursion hatte noch gefehlt.
Ribbeck

Der Ort ist einfach nur bezaubernd, Idylle pur und wäre auch ohne den geschichtlichen und literarischen Hintergrund unbedingt einen Besuch wert.

Am Anfang empfängt uns ein Bibelgarten - neu angelegt und ständig in Erweiterung.


In der "Alten Schule" ist heute ein Café und ich esse die weltbeste Birnentorte.


"Die im Kern mittelalterliche Kirche mit dem begrünten Kirchhof, der von hohen Bäumen umgeben ist, zeigt die
barocken Formen von1722 im Kirchenturm und Kirchenschiff. Innen ist der Hallenraum reich in klassizistischen 
Formen im Stil der Schinkelschule ausgemalt. Ein Nachfolger des im Fontane-Gedicht genannten, historischen
Birnbaums, der 1911 von einem Orkan gefällt wurde, ist an alter Stelle neben der Kirche zu bewundern. Die
gastfreundliche Kirche ist offen für alle Besucher."


Im gesamten Ort nur wunderschöne Häuser mit herrlichen Gärten. 






Die Familie von Ribbeck - erstmals um 1237 erwähnt - Namensgeber des Rittergutes und des Ortes Ribbeck hatte schwere Zeiten zu überstehen. 1944 wurden sie durch das NS-Regime enteignet, 1945 bekamen sie in der Bodenreform 25 ha Land und Wald sowie ein Haus zugewiesen, aber bereits 1947 wurden sie komplett enteignet und durch die sowjetische Militäradministration aus Ribbeck ausgewiesen.

Nach der Wende wurde die Familie nach langen gerichtlichen Auseinandersetzungen teilweise entschädigt und kaufte einen Vierseitenhof sowie die alte Brennerei und den völlig verfallenen Kutschpferdestall zurück. 
In der Brennerei wird die über 777jährige Tradition der Familie nun fortgesetzt. Der Essigbalsam ist ganz köstlich und mild.




"Bis 1943 von Vorfahren der Familie von Ribbeck bewohnt, hatten seitdem mehrfache Besitzwechsel, bauliche Überformungen sowie die jahrzehntelange Nutzung als Altenheim das stolze Gebäude zum Schatten seiner selbst werden lassen. Nach dem Freizug im Jahr 2004 versuchte der Landkreis Havelland zunächst, das Haus in private Trägerschaft rückzuführen. Es fand sich jedoch kein Investor, der bereit gewesen wäre, dieses bedeutende Kleinod deutscher Kulturgeschichte zu restaurieren und anschließend, wenigstens teilweise, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Um den endgültigen Verfall abzuwenden, entschieden die Mitglieder des Kreistages im November 2005, das Schloss mit öffentlichen Mitteln zu sanieren und als touristisches Zentrum zu entwickeln."

Heute gibt es ein Restaurant, ein Museum und eine Außenstelle des Standesamtes. 2009 wurden stellvertretend für alle Bundesländer 16 Birnenbäumchen im Schlosspark gepflanzt.





Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland

Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland,

Ein Birnbaum in seinem Garten stand,
Und kam die goldene Herbsteszeit
Und die Birnen leuchteten weit und breit,
Da stopfte, wenn's Mittag vom Turme scholl,
Der von Ribbeck sich beide Taschen voll.
Und kam in Pantinen ein Junge daher,
So rief er: »Junge, wiste 'ne Beer?«
Und kam ein Mädel, so rief er: »Lütt Dirn,
Kumm man röwer, ick hebb 'ne Birn.«


So ging es viel Jahre, bis lobesam

Der von Ribbeck auf Ribbeck zu sterben kam.
Er fühlte sein Ende. 's war Herbsteszeit,
Wieder lachten die Birnen weit und breit;
Da sagte von Ribbeck: »Ich scheide nun ab.
Legt mir eine Birne mit ins Grab.«
Und drei Tage drauf, aus dem Doppeldachhaus,
Trugen von Ribbeck sie hinaus,
Alle Bauern und Büdner mit Feiergesicht
Sangen »Jesus meine Zuversicht«,
Und die Kinder klagten, das Herze schwer:
»He is dod nu. Wer giwt uns nu 'ne Beer?«


So klagten die Kinder. Das war nicht recht -

Ach, sie kannten den alten Ribbeck schlecht;
Der neue freilich, der knausert und spart,
Hält Park und Birnbaum strenge verwahrt.
Aber der alte, vorahnend schon
Und voll Mißtrauen gegen den eigenen Sohn,
Der wußte genau, was er damals tat,
Als um eine Birn' ins Grab er bat,
Und im dritten Jahr aus dem stillen Haus
Ein Birnbaumsprößling sproßt heraus.


Und die Jahre gehen wohl auf und ab,

Längst wölbt sich ein Birnbaum über dem Grab,
Und in der goldenen Herbsteszeit
Leuchtet's wieder weit und breit.
Und kommt ein Jung' übern Kirchhof her,
So flüstert's im Baume: »Wiste 'ne Beer?«
Und kommt ein Mädel, so flüstert's: »Lütt Dirn,
Kumm man röwer, ick gew' di 'ne Birn.«

So spendet Segen noch immer die Hand

Des von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland.


Theodor Fontane

Kommentare

  1. Anonym6.7.16

    Was für ein toller und geschichtsträchtiger Ort! Ich buche dann mal für irgendwann eine Führung durch Brandenburg bei dir...;-). Sehr horizonterweiternd! Hier haben wir heute eine steife Brise...die vertreibt aber auch die Wolken...was will man mehr...Liebe Grüße, Lotta.

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  2. Das war aber ein schöner Rundgang und bei so herrlichem Wetter! Die Birnentorte sieht sehr verführerisch aus, lecker!
    Und der Ort mit seinen vielen verwunschenen Gärten und Häusern, als wäre die Zeit stehen geblieben. Die fantasievolle Konstruktion mit der Gießkanne und der Zinkwanne gefällt mir sehr.....
    Wie schön, dass die Brennerei wieder in Betrieb ist...und alles wieder so liebevoll hergerichtet wurde!
    Du hast sehr schöne Urlaubs-Momente für uns festgehalten, danke!
    Noch ganz viel Spaß zusammen, Ophelia

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  3. wie toll, das war ja ein bunter und interessanter Ausflug. Diese alte Brennerei gefällt mir sehr.Ein wirklich sehenswerter Ort.
    Liebe Grüße
    susa

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  4. Was für ein schöner Post. Ich war da auch noch nicht, kriege aber sogleich Lust mal dahin zu fahren... Du machst mich ganz neugierig, und ganz vielleicht hab ich diesen Sommer für zwei Wochen ein Auto ;-). Besonders der Bibelgarten interessiert mich. In Lindow, meinem Einschulungsort, entsteht auch gerade einer. Das Birnengedicht mochte ich immer sehr gern, hab Birne und Gedicht im letzten Jahr zur Früchte-Sommerpost eingesetzt... (https://jahreszeitenbriefe.blogspot.de/2015/08/gehn-wir-in-den-garten-schutteln-wir.html)

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    1. Ach du Schreck, meine lieben Grüße hingen noch gar nicht dran, aber jetzt!

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  5. Wunderbarer Post!
    glG, Manja

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  6. Die Torte...sowas soll man echt nicht sehen, wenn man Hunger hat!!!!
    Der Ausflug klingt verführerisch...
    Annette

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  7. Huhu Grete,


    oh dieses Gedicht, ich mag es so sehr, obwohl ich es zu Schulzeiten auswendug lernen musste und ich meinen Schaff hatte. Waren nicht gerade die Schuljahre wo man sehr wissbegierig ist ;).
    Die Birnentorte ist ja allein schon ein Augenschmaus. Die hätte ich mir auch gegönnt. Das war ein toller Ausflug in ein wirklich schönes Örtchen.

    LG
    Barbara

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  8. Jetzt weiß ich, woher deine Karte kommt...das Gedicht ist uns sehr vertraut und hat eine ganz besondere Bedeutung bei uns. Bei unserem ersten Ausflug nach Freiberg zitierte mein großer Sohnemann das Birnbaum-Gedicht vor einem Professor, der auch gerade in der Pension wohnte. Er war ganz begeistert, dass mein Sohn alle Strophen kannte und das von einem fränkischen Kind....:-))) Ist ja nicht so einfach vom Dialekt. So viele werden das also noch in der Schule lernen, aber gar nicht wissen, dass es den Ort immer noch gibt. Toll, dass du so ausführlich darüber geschrieben hast.
    LG Sigrun

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  9. Das Gedicht brachte mich zum Schmunzeln, sicher schon irgendwann mal gelesen. Aber nicht gewußt, dass es zu Brandenburg gehört....hört sich nach Plattdeutsch an.
    Tolle Gegend!

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  10. ...ein interessanter und wunderschöner Ort, liebe Gretel,
    denn du da so schön vorstellst...die Verbindung von Ribbeck und Birnbaum kannte ich schon, aber nun weiß ich mehr...und habe direkt Lust, mal hin zu fahren...und die Torte! mmhhh,

    liebe Grüße
    Birgitt

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  11. Ein wundervoller Beitrag, liebe Gretel. Für mich doppelt so interessant, da wir ja seit Kurzem im wunderschönen (Ober-) Havelland zu Hause sind :) Kultur, Geschichte und Landidyll in einem, das hört sich nach einem perfekten Ausflugsziel an ♥ Die Aufnahmen sind ein Traum.
    Ich danke dir für diesen wertvollen Tipp und sende dir
    ganz ganz liebe Grüße,
    Kama

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